Am 29. Juni 2023 ist die EU-Verordnung zu entwaldungsfreien Lieferketten (2023/1115) in Kraft getreten, die ab 30. Dezember 2024 neue Pflichten zum Schutz der Wälder auch für Papier- hersteller und Druckereien mit sich bringt.
Nach Angaben der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) in ihrem Waldbericht 2020 wurde insbesondere durch die Ausdehnung der Landwirtschaft seit 1990 weltweit eine Waldfläche zerstört, die größer ist als die Europäische Union.
Die EU hat zwischen 1990 und 2008 etwa ein Drittel der landwirtschaftlichen Erzeugnisse, die mit Entwaldung in Verbindung gebracht werden, verbraucht. Dies hat die EU veranlasst, effektiver gegen Entwaldung vorzugehen.
Bislang konzentrierte sich der Rechtsrahmen für den Zugang zum EU-Markt auf die Frage, ob ein Produkt nach den Vorschriften des Herkunftslandes legal erzeugt wurde. Aus Sicht der EU existieren jedoch insbesondere in einigen tropischen Ländern keine ausreichenden Regelungen zum Schutz der Wälder.
Die Entwaldungs-Verordnung soll dieses Schlupfloch schließen. Zukünftig muss ein Produkt nicht nur legal, sondern aus Sicht der EU entwaldungsfrei und ohne Waldschädigung produziert worden sein. Dies betrifft Rinder, Kakao, Kaffee, Ölpalme, Kautschuk, Soja und Holz sowie Erzeugnisse daraus, die in Anhang I der Verordnung aufgelistet sind.
Anders als von der EU-Holzhandelsverordnung werden von der neuen Verordnung neben Papier auch Druckprodukte erfasst. Dadurch werden Wettbewerbsnachteile europäischer Druckereien vermindert, da auch in Drittländern produzierte Druckprodukte beim Verkauf in der EU den Nachweis der Entwaldungsfreiheit führen müssen.
Um „vorbeugende“ Entwaldung zu verhindern, stellt die Verordnung auf den Stichtag 31. Dezember 2020 ab: Für Druckprodukte bedeutet dies, dass das enthaltene Holz geerntet worden sein muss, ohne dass es dabei nach diesem Datum zu Waldschäden oder Entwaldung gekommen ist.
Rückverfolgung bis zum Grundstück
Unternehmen müssen künftig eine Sorgfaltserklärung über ein noch zu errichtendes Informationssystem abgeben, bevor sie von der Verordnung erfasste Erzeugnisse in der EU in Verkehr bringen. Damit bestätigt das Unternehmen, dass in einer Risikoanalyse kein oder nur ein vernachlässigbares Risiko der Waldschädigung festgestellt wurde.
Zentraler Bestandteil dieser Sorgfaltserklärung sollen Geolokalisierungsdaten sein. Geografische Koordinaten der Flächen, auf denen die Rohstoffe erzeugt wurden, müssen gesammelt und in der Lieferkette weitergegeben werden. Eine Datenbank der EU-Kommission (EU Forest Observatory), in der Wälder weltweit kartiert werden, soll Ende 2023 verfügbar sein.
Erleichterungen für KMU
Erleichterungen sind vorgesehen für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), sofern sie ein Erzeugnis nicht als Erste in der EU auf den Markt bringen. Sie dürfen auf Sorgfaltserklärungen ihrer Lieferanten verweisen. Für Bestandteile, die noch nicht der Sorgfaltspflicht unterlagen, ist jedoch die Sorgfaltspflicht auch von KMU zu erfüllen.
Länder mit geringem Risiko
Die Verordnung sieht eine vereinfachte Sorgfaltspflicht vor, wenn Rohstoffe aus Ländern mit geringem Waldschädigungs-Risiko bezogen werden. Der Risikograd soll sich aus dem bis Ende 2024 bereitzustellenden Benchmarkingsystem der EUKommission ergeben. Es ist davon auszugehen, dass der größte Teil der EU ein geringes Risiko aufweist, das gilt besonders für Länder wie Deutschland, in denen keine Urwälder mehr existieren.
Recycling-Produkte
Erzeugnisse, die aus recyceltem Material bestehen, sind von der Verordnung ausgenommen. Dies betrifft beispielsweise Papier, das zu 100 % aus Altpapier besteht.
Ausblick
Ab Ende 2024 (bzw. 30. Juni 2025 für kleine Unternehmen) dürfen Druckprodukte nur noch in Verkehr gebracht werden, wenn sie entwaldungsfrei sind, legal erzeugt wurden und eine Sorgfaltserklärung vorliegt. Damit ist die Entwaldungs-Verordnung einschneidender als das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. Druckereien sollten sich daher bereits jetzt, gemeinsam mit ihren Zulieferern aus der Papierindustrie, damit auseinandersetzen.